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Update aus Sizilien: Die Angst vor Corona

 

Während der Norden Italiens in den letzten Wochen gegen das Corona-Virus kämpfte, belastet die Menschen in Sizilien bislang etwas anderes: die Angst vor Zuständen wie im Norden. Sie terrorisiere viele Menschen in Catania regelrecht, erzählt Elvira vom Centro Astalli, einer Tagesanlaufstelle für Geflüchtete, die wir schon seit vielen Jahren bei ihrer Arbeit unterstützen. Sie hat Angst vor einer Krankheitswelle wie im Norden, der allerdings die medizinischen Einrichtungen im Süden noch weniger gewachsen wären. Die Konsequenzen für Geflüchtete, die zu diesem Gesundheitssystem oft nur erschwerten Zugang haben, könnten verheerend sein. 

Seit dem 10. März gelten italienweite Ausgangssperren. Am 12. März musste das Centro Astalli, genau wie alle anderen Einrichtungen dieser Art, schließen. Duschmöglichkeiten, Rechtsberatungen, medizinische Versorgung, Zugang zu einem digitalen Klassenzimmer mit Sprachkursen und der Kleiderkammer fallen für die Geflüchteten seitdem weg. In den Tagen vorher, als sich die Schließungen andeuteten, suchten noch einmal besonders viele Menschen das Centro auf. Tausende Geflüchtete leben obdachlos oder unter in Armut überall in Sizilien in inoffiziellen Lagern, heruntergekommenen Wohnungen oder verlassenen Landhäusern.

Zwar finden derzeit keine Abschiebungen statt und Aufenthaltsgenehmigungen derjenigen, die schon länger in Italien leben, laufen nicht aus, weil Gerichte nicht arbeiten. Dafür gibt es nun jedoch auch für viele Geflüchtete keine Möglichkeit mehr, Geld zu verdienen. Elvira berichtet, dass viele entweder keine Aufträge mehr bekämen oder für ihre geleistete Arbeit einfach nicht mehr bezahlt würden.

Seit dem Lockdown sind Hilfsangebote spärlich. Da viele Geflüchtete damit kaum noch in der Lage sind, sich mit Grundlegendem zu versorgen, weder selbst noch über wohltätige Einrichtungen wie das Centro Astalli, hat die Stadt Geld für einen Soliladen gesammelt. Er befindet sich in einem Viertel, in dem viele von ihnen wohnen, und bietet wenigstens eine Grundversorgung mit Lebensmitteln. Einige Duschen wurden über das italienische Rote Kreuz zur Verfügung gestellt, dort wird auch Fieber gemessen und es werden Medikamente ausgegeben. Außerdem hilft das Centro Astalli dem Imam von Catania, der sich ebenfalls schon lange für Geflüchtete einsetzt.

Je länger sich die Einschränkungen des öffentlichen Lebens hinziehen, desto unmöglicher wird allerdings die Situation für diejenigen, die durch alle sozialen Auffangnetze fallen. Sollte Corona sich wie befürchtet auch unter ihnen ausbreiten, also dort, wo Hygienestandards und eine ausreichende medizinische Versorgung eben gerade nicht eingehalten werden können, sind die Folgen nicht absehbar. Jeden Monat kommen weitere Menschen über das Mittelmeer nach Italien: 1340 im Januar, 1213 im Februar, 241 im März, 435 April bisher. 



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