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Rückblick auf die Sizilienfahrt im September 2022

Anfang September konnten wir, also stellvertretend für den ganzen Verein Philipp, Hanne und Anne, endlich wieder nach Sizilien fahren. Wir haben viele unserer lieben Partnerorganisationen und Bekannten wiedergetroffen und ein Gefühl für die aktuelle Situation bekommen. Außerdem konnten wir mit eurer Unterstützung diese wichtigen Anlaufstellen vor Ort mit dringend benötigten Dingen versorgen.

Bei Padre Carlo in Siracusa

Schon im Vorfeld hatten wir gesammelt: Ein Unternehmen spendete Matratzen, die Padre Carlo sehr gut gebrauchen kann und die wir im Transporter direkt mitnahmen. Jedes Jahr kommt eine schwankende Zahl an Feldarbeitet:innen bei ihm in der Kirche unter. Allerdings ändert sich die Situation oft. Während der Erntezeit sind viele Menschen dort, zwischendurch wieder weniger. In den letzten Jahren haben die Geflüchteten meist längere Zeit bei ihm verbracht, dies ist aktuell anders. Viele nutzen seine Kirche als Zwischenstation und ziehen dann weiter. Kurz nach unserer Abreise erwartet Padre Carlo, dass wieder mehr Menschen kommen, in vielen Regionen endet die Erntezeit und die Menschen verlieren damit das Einkommen. Die Kirche ist dann ein Ort, an dem sie Unterschlupf finden.

Natürlich ist das ständige Herumziehen nicht ohne Herausforderungen: Für die Geflüchteten selbst bedeutet es, dass sie nicht zur Ruhe kommen und immer unter neuen Menschen sind. Das Zusammenleben ist so viel schwerer und es kommt das Gefühl auf, dass das Verantwortungsgefühl füreinander nachlässt.

Und auch den Helfer:innen erschwert die neue Situation die Arbeit. In der Gemeinde wissen sie nie genau, worauf sie sich einstellen können. Viele verschiedene Menschen auf der Durchreise bedeutet auch, dass insgesamt mehr gebraucht wird, weil es in der Summe mehr Menschen sind, die zum Beispiel mit Kleidung ausgestattet werden müssen. Auch vor den Energie- und Wasserrechnungen ist die Angst groß. Um wenigstens etwas zu entlasten, haben wir bei Padre Carlo ca. 2000€ in Grundlebensmittel wie z.B. Reis und Konserven investieren können. Damit sind die Menschen dort für die nächsten drei Monate versorgt. Darüber hinaus fehlten Unterwäsche und Bettdecken und auch diese konnten wir vor Ort kaufen.

Anlaufstelle Centro Astalli in Catania

Das Centro Astalli kümmert sich derzeit vermehrt um Familien mit Kindern. Da der Schulbeginn kurz bevor stand und noch viele Dinge für einen guten Start fehlten, ging es für uns in viele verschiedene Supermärkte, um Federmäppchen, Rucksäcke, Hefte und viele andere Dinge zu besorgen. Viele Mütter können sich gerade kaum wichtige Dinge zur Versorgung ihrer Kinder leisten. Babymilch, Nahrung und vor allem Windeln sind Mangelware. Wir haben also die Supermärkte und Kinderläden der Region abgeklappert und so viel, wie es unser Konto hergab, gekauft. Wir konnten das Centro Astalli mit Waren im Wert von 7000€ unterstützen. 

In der Coronazeit hat das Centro damit angefangen, Menschen in Form von Lebensmittelgutscheinen zu unterstützen, bei einem Supermarkt vor Ort haben wir Gutscheine im Wert von 1100€ gekauft. Diese gibt das Centro nun an bedürftige Menschen aus. Unser Konto ist damit fast leer, die Rucksäcke der Kinder und die Lebensmittelvorräte aber wieder gefüllt.

 

Es war toll, alle unsere langjährigen Partner:innen wiederzusehen. Zwar sind wir in den letzten Jahren immer wieder online zusammengekommen, allerdings ist es etwas anderes, gemeinsam mit Padre Carlo eine Pizza zu essen oder mit Kindern im Centro Astalli 100 Runden Käsekästchen zu spielen. Wir sind wieder voller Elan für neue gemeinsame Projekte! Zu denken gibt uns jedoch auch die besorgte Grundstimmung, die wir bei allen Menschen beobachtet haben, die in Sizilien mit Geflüchteten arbeiten.

Nach der Wahl in Italien

Wir waren noch vor der Wahl dort und die Aussicht auf eine Regierung unter Giorgia Meloni rief bei allen, mit denen wir gesprochen haben, große Besorgnis hervor. Von der Angst vor Schließungen und Repressionen war die Rede, anlasslosen polizeilichen Untersuchungen und einer nachlassenden Unterstützung durch die Menschen vor Ort. Gerade viele Geflüchtete selbst hatten Angst und waren verunsichert. Nun ist die Sorge vor einer extrem rechten Regierung Realität geworden. Für uns bleiben so viele offene Fragen über die politische Lage. Hinzu kommen weitere Themen, denen wir während der Fahrt immer wieder begegneten, z.B. die zunehmende Zahl von Booten, mit denen die Geflüchteten selbständig in Sizilien anlanden, oder die psychische Verfasstheit der Geflüchteten. Gerade diejenigen, die illegalisiert irgendwo im Nirgendwo leben, haben keinen Zugang zu einer psychologischen Betreuung, um ihre Erfahrungen zu verarbeiten. Es gibt also auch zukünftig viel zu tun und wir freuen uns, wenn ihr euch weiterhin gemeinsam mit uns für einen solidarischeren Umgang mit Geflüchteten in Europa einsetzt!

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