Zehntausende Opfer klagen an, Kinder, Frauen, Männer, die an den Grenzen Europas in Massenlagern vegetieren und auf der Flucht vor Krieg, Not und Verfolgung ihr Leben verlieren. Allein im Mittelmeer starben nach UN-Angaben in den letzten dreieinhalb Jahren mehr als 16.500 Menschen bei dem Versuch, über das Meer zu uns nach Europa zu gelangen. Wer erinnert nicht das Bild des dreijährigen syrischen Flüchtlingsjungen Aylan Kurdi am Strand von Bodrum, hat nicht die Bilder der griechischen Elendscamps vor Augen, der leckgeschlagenen, gekenterten Boote und der namenlosen Ertrunkenen im zentralen Mittelmeer?
Die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung hat einen neuen Höhepunkt mit der Sperrung der maltesischen und italienischen Häfen, der Arrestierung von Rettungsschiffen und der faktischen Verhinderung der Einsatzmöglichkeiten erreicht – mit dem fatalen Ergebnis, dass laut UN allein im Juni 700 Menschen ertrunken sind. Die Berichterstattung über die menschenverachtenden, teilweise tödlichen Verhältnisse und Bedingungen in den Grenzlagern gelangen schon lange nicht mehr in die Schlagzeilen. Ganz zu schweigen von Informationen zu den “Fluchtursachen”, wie z.B. der simplen Tatsachen, dass Deutschland der weltweit viertgrößte Waffenexporteur mit Hauptabnehmern im Nahen Osten ist. Oder, dass die globale Lebensmittelproduktion den Bedarf der Weltbevölkerung zwar zweifach decken kann, aber dennoch jährlich 18 Millionen Menschen Hungers sterben müssen; oder dass die bäuerliche Landwirtschaft in Afrika durch EU-Billigexporte und die regionale Küstenfischerei durch europäische Industriefischerei zerstört werden.
Parallel dazu erleben wir eine unerträgliche Schmutz- und Hetzkampagne gegen Geflüchtete: vom “gefährdeten Rechtsstaat” über die “Anti-Abschiebe-Industrie”, vom “BAMF-Skandal” über “Asylschmarotzer”, von der “Islamisierung” bis zu den oftmals pauschal als “Gefährder” eingestuften Schutzsuchenden ist da die Rede. Aber auch gegen diejenigen Kräfte, die sich für den Flüchtlingsschutz engagieren auf der Grundlage der Werte, auf die sich die EU gründet: “… die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte” (Art. 2 des EU-Vertrages).
Die jüngsten, unter Federführung der Bundesregierung gefassten EU-Beschlüsse werden nichts an Fluchtmisere und Massensterben ändern. Denn sie zielen nicht auf den Schutz der Flüchtlinge, sondern auf noch rigorosere Abwehr und weiter zunehmende Einschränkungen der Rechtsstaatlichkeit. Die beschlossene Aufstockung von FRONTEX und der sog. Libyschen Küstenwache, die geplanten “Anlandeplattformen” in flüchtlings- und menschenrechtsfragilen nordafrikanischen Staaten, die vorgesehenen Selektionszentren in EU-Staaten, die Geflüchtete (noch) über ihre Grenzen lassen, oder die Ankündigung der lächerlichen Summe von einer halben Milliarde Euro für die Fluchtursachenbekämpfung – all dies hat nichts damit zu tun, was die Vereinten Nationen im Zusammenhang mit den Geflüchteten im Mittelmeer einfordern: “Es ist unabdingbar, dass die EU-Mitgliedsländer das Recht auf Asyl aufrechterhalten. Rettung zu verweigern oder die Verantwortung für Asyl auf andere abzuwälzen, ist völlig inakzeptabel”, so UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi. Und all dies wird die hauptsächlich vom globalen Norden und korrupten Machteliten in den Herkunftsländern verursachten Fluchtbewegungen nicht aufhalten, wird die Menschen nicht von ihrem berechtigten Wunsch auf ein besseres Leben in Frieden, Freiheit und Anerkennung abbringen.
Mit den Worten des Ehrenvorsitzenden von PRO-ASYL, Jürgen Micksch, anlässlich der Einweihung der Bremer Gedenkstätte für Menschen, die auf der Flucht gestorben sind, appellieren die Unterzeichner an die Zivilgesellschaft, an die Bürger*innen, an die Jugend, sowie an die politisch Verantwortlichen: “Wir dürfen nicht hinnehmen, dass nun sogar diejenigen kriminalisiert werden, die Flüchtlingen helfen und ihnen die Tränen abwischen. Darunter sind viele junge Menschen, die sich auf einen gefährlichen Weg machen und mit Booten unterwegs sind, um in Seenot geratene Menschen zu retten. Seenotrettung ist ein Menschenrecht. Wer dies verhindert begeht ein Verbrechen. Kriminell sind diejenigen, die Rettung verhindern und nicht die Retter von Flüchtlingen.”
• Gegen die Zurückweisung von schutzsuchenden Menschen an der europäischen Grenze
• Für eine solidarische Aufnahme von Geflüchteten in der EU statt nationaler Abschottung
• Gegen die Pläne zur Einrichtung von Lagern für Geflüchtete vor Europas Grenzen
• Für die Rettung von Menschen in Seenot im Mittelmeer und ihre Aufnahme in den nächsten europäischen Hafen
• Für faire und rechtsstaatliche Asylverfahren für jede*n Geflüchtete*n
SOLIDARITÄT DARF NICHT AN GRENZEN ENDEN!
Erstunterzeichner*innen:
Projekt Seehilfe e.V.
Fluchtraum Bremen e.V.
Flüchtlingsinitiative Bremen
Kulturzentrum Schlachthof e.V.
KBL – Shipping GmbH
AWO Kreisverband Hansestadt Bremen e.V.
Arbeitskreis Asyl – Evang. Kirchengemeinde Arsten Habenhausen
Bremer Friedensforum
Attac Bremen
Norbert Schepers, Politikwissenschaftler und Geschäftsführer der Rosa-Luxemburg-Initiative
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