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Frontex baut in Catania

Catania, die zweitgrößte Stadt Siziliens, liegt im Osten der Insel. Auf der einen Seite der Etna, auf der anderen das Meer, ist die Stadt einer von vielen Orten, an denen Flüchtlinge ankommen, nachdem sie auf dem Mittelmeer aufgegriffen wurden. Das größte Flüchtlingslager Europas in Mineo ist nur eine Autostunde entfernt.

Von den Ankömmlingen bemerkt man in der Altstadt Catanias jedoch nichts. Inmitten spätbarocker Theater fotografieren sich Touristen mit Selfie-Stangen und genießen das Ambiente der UNESCO-Welterbe-Stadt. Dabei entsteht nur zwei Straßen weiter eine operative Basis der Agentur Frontex. Im Auftrag der Europäischen Union “schützt” sie Europas Außengrenzen.

Frontex baut auch in Catania, um die Abschottung weiter voranzutreiben.

Triton wird umgesetzt

Am 31. Oktober 2014 beendete die italienische Marine die Operation Mare Nostrum, die dezidiert zur Seenotrettung eingeführt worden war. Am Tag darauf startete Frontex die EU-Operation Triton, nicht um humanitäre Hilfe zu leisten, sondern um die Grenzsicherung zu verstärken.

Erst Anfang dieses Jahres beschlossen die EU-Regierungsspitzen, die finanziellen Mittel dieser Aktion von 2,9 Millionen Euro monatlich auf rund 9 Millionen zu verdreifachen, nachdem erneut viele Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken waren.

Dass dieses Vorhaben neben der Arbeit auf dem Meer auch einen großen Anteil an bürokratischer und taktischer Planungsarbeit beinhaltet, steht außer Frage. Um diese erledigen zu können, so berichten italienische Zeitungen, werde eine Basis von Frontex in das ehemalige Kloster Santa Chiara in Catania ziehen. Gerade renoviert die Stadt den Gebäudekomplex für 2,8 Millionen Euro auf Kosten der Region Sizilien.

Vier weitere Stützpunkte in sizilianischen Hafenstädten sind geplant. Gemeinsam werden sie für die Umsetzung des Grenzschutzprogramms „Triton“ verantwortlich sein. Mögliche weitere Stützpunkte sind Pozzallo, Porto Empedocle, Augusta und Lampedusa. Das Ziel dieser Bemühungen ist es, die Bekämpfung von „Schlepperbanden“ effektiver zu betreiben.

Militarisierung Siziliens

Auf mehrmalige Nachfrage bestätigten die Bauarbeiter, dass das Gebäude für Frontex hergerichtet werde. Eine offizielle Beschilderung, die über die zukünftige Nutzung des Gebäudes informiert, gibt es nicht. Anwohnern und Passanten, die sich in den kleinen Gassen rundum die Baustelle tummeln, ist nur zum Teil klar, wer der neue Nachbar sein wird. Erst ein Kloster, nun eine Zentrale, von der aus das systematische Vorgehen gegen Menschen koordiniert wird, die in Europa ihre neue Heimat sehen.

Zufälligerweise befindet sich im gleichen Gebäudekomplex ein selbstorganisiertes Welcome-Center für Flüchtlinge. Das ist dann nicht ganz ohne Komik. Einige der Anwohner und Passanten haben vom Frontex-Quartier gehört, beschäftigen sich mit dem Thema allerdings kaum. Zumindest sagen sie das.

Vor einem Hausprojekt ganz in der Nähe, an dem wir zufällig vorbeikommen, unterhalten wir uns mit den Bewohnern, die dort sitzen. Mit den Flüchtlingen beschäftigen sie sich immer wieder. Vor einigen Monaten machte ein Teil von ihnen am Hafen eine Sitzblockade und nahm Blumen für die ertrunkenen Flüchtlinge mit.

Dass Frontex ein Quartier in ihrer direkten Nachbarschaft beziehen würde, wussten nicht alle von ihnen. Ablehnend stehen sie dem Projekt entgegen, sagen sie. Es sei menschenverachtend. Doch in Sizilien, so erzählen sie, sei man es gewohnt, dass fremdes Militär Basen bezöge. Auch Frontex nehmen sie als Schritt Richtung Militarisierung war. Das stört sie extrem.

Anna und Johanne

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